Samstag, 16.04.2005, 12:00 Uhr
Boleyn Ground, London
West Ham United
vs. Millwall 1 : 1

Zuschauer 28.221

Julians Geburtstagswunsch wird erfüllt:

Kurz vor 10:00 Uhr verlassen wir unser IBIS Hotel in Stratford, welches lediglich 4 km Fußweg bzw. 3 U-Bahn Stationen vom Upton Park entfernt liegt. Bereits am U-Bahnhof Stratford können wir kleinere Gruppen Cops ausmachen, die wohl ebenfalls in freudiger Erwartung sind.

Eine Station Jubilee Line und dann umsteigen. Der Bahnsteig ist gut abgesichert, ein paar vereinzelte Millwall Fans, ansonsten alles West Ham beherrscht.

Die Bahn ist überfüllt und so dauert es fast 10 Minuten, bis wir am Upton Park vom letzten Wagen bis zum Ausgang gelangen. Und draußen erwartet uns das erste Highlight:

Die Kreuzung vor der Station ist völlig von der Polizei abgeriegelt. Man erwartet den Millwall Mob. Und nicht nur die Gesetzeshüter, sondern auch eine größere Menge West Ham wartet. Kleinere Gruppen von Millwall, die offensichtlich früher losgefahren sind, wurden bereits erfolgreich von den Cops eingekesselt. Jetzt heißt es warten, bis der Hauptmob anreist.

Interessant ist es schon jetzt zu beobachten, dass normale Passanten zwischen den Polizeiketten hin und her gehen können, während andere gleich wieder zurückgeschickt werden.

Kurz vor 11:00 Uhr trifft Millwall ein. Gepöbel auf beiden Seiten, die Cops haben alles im Griff und so brennt nichts an. Zwei Reihen Berittene, zwei Reihen mit Hunden und dann der Kessel mit Cops in Kampfmontur, auf geht es durch einen den völlig menschenleeren Weg zum Gästeblock.

Wir begeben uns derweil zu unseren Plätzen auf der Haupttribüne. Erste Reihe, auf Strafraumhöhe mit Aussicht auf den Gästeblock, was will man mehr. Kurz vor Spielbeginn kreist dann auch noch ein Hubschrauber über dem Ground.

Beim Einlaufen der Mannschaften endlich mal ein Top-Support von beiden Seiten. Millwall, ob alt, ob jung, zeigt durch entsprechende Handbewegungen, dass man die Bubbles für f... wanker hält. Nie wieder sollte es für den harmlosen Mittelfinger eine gelbe Karte geben. Und endlich wird in einem englischen Stadion auch mal wieder zu einem Teil gestanden.

Knapp 3.000 Karten hat Millwall erhalten und im Gegensatz zu den beiden anderen Spielen, die wir in dieser Saison bei West Ham schon gesehen haben, hat Millwall den gesamten Hintertorbereich unten bekommen. Lediglich der Bereich, in dem bei den anderen Spielen noch West Ham Supporter stehen, ist als Pufferblock frei.

Zwei Polizeiketten, kaum mehr als 50 bis 70 Cops sichern die Blocktrennung ab. Umso erstaunlicher ist es, dass weder die eine noch die andere Seite versucht, die Cops zu überrennen. Aber wer möchte sich schon auf einem Videofilm und anschließend längerfristig im Knast wiederfinden.

Als Millwall in Führung geht, kommen die Anfeuerungen nur noch von einer Seite. Und wirklich laut wird es erst wieder, als der Ausgleich für West Ham fällt. Überhaupt lebt das Spiel mehr von der Spannung als von der Qualität. Und das West Ham völlig ideenlos spielt und Millwall eigentlich die bessere Mannschaft ist, sollte ich dann doch besser für mich behalten.

Unverbesserlich ist einmal mehr Julian. Als er von der Toilette kommt, hat er auf einmal eine West Ham Cap auf. Er erzählt, dass er sich wohl mit einem älteren West Ham Fan unterhalten hat und dieser ihm das Cap geschenkt hat. Was ein schlichtes „fucking Millwall“ nicht alles bewirken kann.

Es bleibt beim Unentschieden, was keinem wirklich hilft. Millwall hat die letzte theoretische Chance auf den Anschluss an die Relegationsplätze vergeben und West Ham schafft den Sprung auch nicht, zumal Derby gestern Abend in Sheffield gewonnen hat.

Im Gegensatz zu den anderen Bereichen leert sich das Stadion in unserem nur schleppend. Gilt es doch zunächst erst noch etwas in Richtung Millwall zu pöbeln. Erst das Vorrücken der Cops beendet das Spielchen, während Millwall noch brav auf dem Block bleiben darf.

Wir können in der Zeit der Blocksperre einmal das Stadion umrunden und gelangen bis vor den Gästeblock. Die Gassen, durch die wir dorthin gelangen sind menschenleer. Es herrscht eine Friedhofsruhe.

Vor dem Gästeblock rüstet sich die Polizei für die Sicherung des Rückwegs. Eine knappe Stunde nach Spielende ist es soweit, der Tross setzt sich in Bewegung. Auf der Kreuzung vor der U-Bahn herrscht derweil Hochspannung. Mehrfach setzen sich die Cops reihenweise in Bewegung, um West Ham zurückzutreiben. Klappt übrigens perfekt.

Die U-Bahn bleibt bis zum Abzug der letzten Millwall Fans hermetisch abgeriegelt. Wir haben genug gesehen und nehmen den nächsten Zug zurück nach Stratford.

Schließlich soll der heutige Tag noch mit etwas Kultur abgerundet werden. Und "König der Löwen" passt ganz gut.